
Das Buch "Abseits der Heerstraße" (von C.W. Müller, Oranienverlag Herborn, 1929) ist zunehmend
wieder in Antiquariaten erhältich und für dem heimatgeschichtlich Interessierten dringend zu
empfehlen!
Carl Wilhelm Müller war Pfarrer in Ballersbach und Seelbach von 1872-1876. Danach war er einige
Zeit in Kirburg auf dem Westerwald. Nach seiner Zeit auf dem Westerwald versah er die Pfarrstelle in
Eisemroth.
In sehr heiterer und volksnaher Erzählweise, beschreibt er autobiografisch diese Zeiten und seine
Erlebnisse mit den Einwohnern dieser Orte. Ein wunderbares Stück Zeitgeschichte, das den
Charakter der Menschen und die Lebensumstände in unserer Heimat in der zweiten Hälfte des
19.Jdts. sehr eindrücklich beschreibt.
286 Seiten, Fraktur.
Christian Görzel

Ebenfalls immer häufiger zugänglich und heimatgeschichtlich relevant ist ein weiteres Werk vom o.g.
Pfarrer Müller.
In "Menschenwille und Gotteswege - vier Erzählungen", 1896 bereits in zweiter Auflage im Nassauische
Colportageverein (später Oranienverlag) erschienen, bringt uns Pfarrer Müller widerum Lebenserinnerung nahe,
die er in ähnlich teils amüsanter und autobiografischer Weise niedergeschrieben und veröffentlicht hatte.
In der ersten Erzählung "Des Pfarrherrn Nicolaus Rothius Leidens- und Freudenchronika", gibt er die
Aufzeichnungen von Nikolaus Roth wider. Roth war Pfarrer in Lohra (1689-1695), Altenkirchen (1695-
1705) und in Erda (1705 bis zu seinem Tod 1742).
Pfarrer Roth berichtet in seiner Chronika über seine Zeit in Altenkirchen. Hier war er Rufmord ausgesetzt und wurde
durch falsche Vorwürfe angeklagt und und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Nach Jahren im Butzbacher Gefängnis
kam dann doch die Wahrheit ans Tageslicht und er wurde freigelassen und rehabilitiert.
In der zweiten Erzählung "Von der Dill bis an den Quadalquivir" beschreibt C.W. Müller wieder persönliche
Erinnerungen.
Diesmal trifft Müller nach vielen Jahren zufällig einen alten Jugendfreund wieder. Die Familie dieses Freundes
war tatsächlich Hüttenbesitzer im oberen Dietzhölz- und Lahntal, bis sie durch einen Betrug um ihr Vermögen
gebracht wurde. Müller nimmt dieses Treffen zum Anlass das Leben seines Jugendfreundes und das Schicksal
dessen Familie zu
dieser Erzählung zusammen zufassen. Fritz, so der Name seines Freundes, erzählt von seiner
Soldatenzeit 1870/71 in Frankreich. Nach dem Krieg findet er keinen Zugang zum väterlichen Betrieb.
Durch eine Zufallsbekanntschaft zieht es ihn nach Spanien, wo er in andalusischen Gruben als Verwalter tätig wird. In
Spanien erlebt er durch die instabilen und bürgerkriegsartigen Zustände in den 1870er Jahren (1. spanische Republik)
spannende Abenteuer.
Der reale Hintergrund dieser Erzählung lässt sich noch heute durch Archivrecherchen belegen und hat durch den
bergbaulichen Aspekt einen starken Bezug zur heimischen Montan- u. Wirtschaftsgeschichte.
In der dritten Erzählung "Durchs Wasser gelöscht" kommt er wieder auf seine Pfarrzeit in den 1870er Jahren in
Eisemroth zurück, das er hier
"Eisenberg" im Amt "Zwingenfels" (> Tringenstein) nennt. Die Grunderzählung baut er auf
einer Liebesgeschichte zwischen zwei befeindeten Familien auf. Er erzählt sehr eindrücklich vom Kirmesfeiern in den
Wirtshäusern, von Dorfpersönlichkeiten und - charaktären genauso, wie vom Hochwasser und der Gefahr von
Bergunglücken in dem kleinen Dorf. Ebenfalls ein schönes Stück Heimatgeschichte in Form einer literarischen
Erzählung.
In der vierten Erzählung "Verloren und wiedergefunden", beschreibt er den Lebensweg des jungen Wolfgang, der als
Pfarrerssohn das behütete Zuhause verlässt und auf Abwege gerät, was ihn später sogar dazu zwingt, nach
Amerika zu flüchten. Die Familie leidet sehr unter der Ungewissheit über das Schicksal des Sohnes, dem es viele
Jahre später doch noch gelingt auf den rechten Weg zurück zufinden. Ob es sich auch hierbei um eine tatsächliche Vita
eines Bekannten handelt und um wen es sich dabei handeln könnte, wäre noch zu erforschen .... spannend!
266 Seiten, Fraktur
Christian Görzel
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